Immer ein freundliches Lächeln für die Fremden 

St. Lucia bietet traumhafte Strände und wilde Orchideen 

Die Pension  zum „weißen Schloß“ in St. Lucias Hauptstadt Castries ist alles andere als ein karibisches Traumhotel. Unsere Fax-Reservierung war überhaupt nicht angekommen, weil das Gerät seit Monaten defekt war. Aus den Duschen kommt selten Wasser, die Ventilatoren im Zimmer klappern nervtötend und die Beleuchtung im Flur ist nur eine Funzel, mit der wir kaum das Schlüsselloch unseres Zimmers finden können. Wir wollten eigentlich stehenden Fußes wieder umdrehen und uns eine andere Bleibe suchen. Doch die Besitzerin verspricht uns im kreolisch gefärbten Französisch, alle Mängel schnellstens zu beseitigen.

Um es gleich vorwegzunehmen: die Macken sind während unseres Aufenthaltes nicht ausgemerzt worden. Aber wir hatten nach zwei Tagen überhaupt keine Lust mehr, in eine der Luxusherbergen in ein weit abgelegenes Touristenghetto umzuziehen. Wir genossen nun lieber Karibik pur. Denn schon nach wenigen Stunden gehörten wir in diesem Viertel, in dem nur Einheimische wohnten, fast mit dazu. Morgens  wurden wir von schwatzenden Kindern geweckt, die vor unserer Pension stehenblieben und uns auf dem Balkon  zuwinkten.

„Schönes Wetter, nicht?“ rief uns die junge Mutter zu, die ihr Kind gerade zu dem benachbarten Kindergarten brachte. Und der Senior, der uns Rechtsverkehr-gewohnte Spaziergänger an die Schulter faßte, wollte uns weder belästigen, noch uns etwas verkaufen. Er wollte uns nur einfach vor dem Auto zurückreißen, das in der fußweglosen, schmalen Straße scharf um die Ecke bog.

Ein Lächeln schenkte uns auch jeden Morgen die zahnlose Obsthändlerin - ob wir nun etwas kauften oder nicht. Was auf den ersten Blick wie ein chaotisches Slumviertel anmutete, entpuppte  sich auf den zweiten Blick als ein Stück Lebensfreude in Bescheidenheit und Zufriedenheit.

St. Lucia ist noch nicht durch zu viel Tourismus verdorben. Den  sonnenhungrigen Urlaubern begegnet man selten ohne Führer. Kaum einer macht sich mit Linienbussen allein auf, das Landesinnere zu erkunden. Das ist oft auch kaum möglich, weil die Busse die Landbevölkerung morgens nach Castries und am Spätnachmittag wieder zurückbringen. Es gibt auch nur wenige, gut ausgebaute Straßen. Eine davon führt von Castries an den Hotelsiedlungen von Gros Islet vorbei  zur Tauben-Insel (Pigeon Point).  Jahrelang war die direkte Straßenverbindung vom Norden aus zur größten Inselsehenswürdigkeit Soufrière wegen Restaurierung gänzlich gesperrt.

Nur eine empfehlenswerte Straße verbindet den internationalen Flughafen Vieux Fort im
Süden mit der Hauptstadt. Sie führt an den Ostküste der mangoförmigen Insel entlang quer durch das Land. Um so mehr Leben herrscht auf dem Meer. Mit Motoryachten und Segelschiffen sind die Besucher zur berühmten Marigot-Bucht unterwegs, in der am herrlichen Palmenstrand der Film „Dr. Doolittle“ mit Rex Harrison und „Feuergefecht“ mit  Sophia Loren gedreht wurde.

Schon vor rund 2.200 Jahren kamen die ersten Siedler auf die 43 Kilometer lange und 22 Kilometer breite Vulkaninsel  der Kleinen Antillen im Atlantik. Die friedliebenden Arawak-Indianer waren auf der Flucht vor den kriegerischen  Carib-Indianern auf St. Lucia gelandet. Die spanischen Seefahrer entdeckten das idylle Eiland 1499. Danach wechselte St. Lucia vierzehnmal den Besitzer. England und Frankreich stritten um die Kolonie.

Jede Kultur hinterließ ihre Spuren. Und so lieben  die St. Lucianer , die 1979 innerhalb des Commonwealth unabhängig wurden, die französische Küche und das englische Cricketspiel. Sie sprechen einen englischen Dialekt mit zahlreichen französischen Einsprenkelungen. Ein Großteil ihrer Orte trägt noch französische Namen, die englisch ausgesprochen werden.

St. Lucia ist ein Dorado für Bergsteiger. Den fast tausend Meter hohen Gimie sollte man wegen des unwegsamen Geländes am besten mit einem Einheimischen besteigen. Der Ausblick über die Insel entschädigt für die Schweißtropfen. Als St. Lucias Wahrzeichen gelten die beiden Pitons in der Nähe von Soufrière.

Die
durch einen Vulkanausbruch entstandenen  743 und 798 Meter hohen spitzen Zwillingsberge bewundert man jedoch lieber von unten. Besonders am niedrigen der beiden sind schon zahlreiche zu wagemutige Kletterer abgestürzt. Viel Aussicht bietet auch der Morne Fortune vor Castries. Einzelreisende können einen Minibus von Castries aus nehmen und an der Hauptstraße aussteigen. Einheimische weisen dann gern den 20 -Minuten- Fußweg über den Schulhof eines Internats zum Aussichtspunkt  der  Festung.

St. Lucia-Ferien sind unvollständig ohne Besuche im Regenwald mit den wilden Orchideen, exotischen Blumen und mannshohen Farnen. Die  hier heimischen Papageien hielten sich allerdings vor uns versteckt. Nach Voranmeldung können auch Plantagen besichtigt werden, auf denen Kakaobüsche und Kokospalmen, Bananenstauden und Papayabäume wachsen.

Als größte Inselsehenswürdigkeit wird der befahrbare Krater La Soufrière mit seinen  Springquellen gehandelt. Im Hafen tauchen  Schuljungen nach Münzen ,die Touristen ins klare Wasser geworfen haben. Naturfreunde kommen auf der Fregatteninsel auf ihre Kosten. Nur während der Brutzeit der seltenen Fregattvögel zwischen Mai und  Juli ist das Naturreservat geschlossen.
 

Auf der Suche nach Mitbringsel werden wir in der Hauptstadt schnell fündig.  Während mein Mann eine Flasche Rumpunsch im Rucksack verstaut, kauft unser Sohn ein T-Shirt mit inseltypischem Design. Ich widerstehe dem Kauf des prall gefüllten Obstkorbs.

Ich sitze noch einmal unter dem berühmten 400 Jahre alten Samaanbaum, auf dem  nach dem einheimischen Dichter und Nobelpreisträger  Derek Walcott umbenannten Platz, schaue auf die hundert Jahre alte Kathedrale und nehme Abschied von einem unvergeßlichen, erlebnisreichen exotischen Trip in die Welt der Lebenslust und des ewigen Sommers.

Ilsemarie Straub-Klein

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