Einmal im Monat wird auf La Gomera deutsch gepredigt

Residenten auf der zweitkleinsten kanarischen Insel halten zusammen

Auf der Flucht vor dem ungemütlichen deutschen Winter suchen zahlreiche Deutsche auf den Kanarischen Inseln eine neue Heimat. Auf Teneriffa leben allein rund 20.000 deutschsprachige Residenten. Zwischen Oktober und April kommen noch einmal 100.000 Langzeiturlaiber hinzu. Auf das ganze Jahr verteilt verbringen rund eine Million deutsche Urlauber ihre Ferien hier. Ein riesiges seelsorgerliches Potential für die evangelische Kirche! Teneriffa ist inzwischen in zwei deutsche Pfarrbezirke eingeteilt. Zum Süden gehören auch noch die Inseln La Gomera und El Hierro.

Seit Mitte Februar hat diese Gemeinde einen neuen Geistlichen. Pastor Roland Herrig betreute zuvor drei von einer „bodenständigen Frömmigkeit“ geprägten Gemeinden im Erzgebirge. Die beiden Kinder gehen inzwischen eigene Wege, und so wird der 46jährige für sechs Jahre mit seiner Frau vor Afrikas Küste leben. Und sich schon wie seine Vorgänger auf eine sich wandelnde Gemeinde mit ständigem Kommen und Gehen einstellen.

Es ist der zweite Samstag im Monat, kurz vor zehn Uhr. Die Fähre von Los Cristianos auf Teneriffa hat am Fähranleger in San Sebastian de La Gomera festgemacht. An Bord sind dieses Mal auch Herrigs. Denn es ist der Gottesdiensttag für die Deutschsprachigen auf La Gomera. In der kleinen, weißen „Ermita de la Concepción“, einer Einsiedelei oberhalb des Hafenstrandes im Ortsteil El Calvario, warten schon einige Gemeindeglieder und Touristen auf den Pastoren. Etwa zehn gehören zum festen Stamm; sie wohnen ständig auf der Insel. Andere sind nur für einige Monate hier, und wieder andere bleiben nur zwei Wochen auf der grünen Vulkaninsel. Doch die Menge der Gläubigen sagt ja nichts über einen eindrucksvollen Gottesdienst aus.

In der Hauptstadt San Sebastian wohnen nur wenige Touristen. Die meisten La-Gomera-Urlauber zieht es nach Valle Gran Rey, das fest in deutscher Hand ist.Alternativ-Urlauber, die Esoterik-Seminare belegen, sind in der Überzahl. Sie kommen nicht zum Gottesdienst nach San Sebastian. Dass es schwierig ist, die Gottesdienste bekannt zu machen, hat Gemeindeglied Rieke Schmidt aus dem Oldenburgischen gemerkt. „Die Plakate bleiben vielleicht mal drei Tage in den Hotels hängen, dann werden sie wieder entfernt“, hat sie festgestellt. Auch im Verkehrsamt kommt man ihr wenig entgegen. Die Einheimischen sind oft gar nicht über Protestanten informiert. Sie werfen sie mit den auf La Gomera stark missionierenden Pfingstlern, die sich auch evanglisch nennen, in einen Topf. Das schreckt ab.

Die mit Einheimischen verheirateten Frauen müssen sich in ihren neuen Familien durchsetzen, wenn sie die Gottesdienste der deutschen evangelischen Gemeinden besuchen. Manche lassen deshalb ihre Kinder während des Urlaubs in Deutschland taufen. Auch Bürgermeisterfrau Stella Debissis gehört zur Gemeinde der Deutschen. Richtig warm geworden ist sie auch nach fünfzehn Jahren auf La Gomera nicht. „Es gibt einfach Mentalitätsunterschiede, die man nicht verleugnen kann und die sich trotz großer Bemühungen nicht aus der Welt schaffen lassen“, erklärt sie Deutschen, die hier Urlaub machen. „Da muss man Toleranz üben und sich mit Leuten umgeben, die auf der gleichen Wellenlinie liegen. Mir hat die deutsche Gemeinde ein großes Stück weit geholfen.“

Heimisch geworden auf der Insel ist Herbert Breburd. Er zog als Rentner nach La Gomera und bewirtschaftet dort eine Finca. Inzwischen hat er hat ein Gästehaus angebaut, in dem seine Kinder und Enkelkinder wohnen, wenn sie zu Besuch kommen. Breburda ist Musiker und unterstützt den Gemeindegesang in der „Einsiedelei“ auf dem Akkordeon.

Auch das Arztehepaar Holscher aus Soest hält sich zur deutschen Gemeinde. Die beiden kamen vor 25 Jahren als Urlauber nach La Gomera, verliebten sich in die herrliche Wanderinsel und kauften sich hier für ihren Ruhestand ein Haus mit exotischem Garten und Traumblick bis zum Teide nach Teneriffaa. Doch im Sommer leben sie wieder in Deutschland. Zwischen Juli und September finden auch keine Gottesdienste statt.

Wie oft in Diasporagemeinden, kennen sich die Gemeindeglieder gut und halten zusammen. Nach dem Gottesdienst sitzen sie noch mit dem Pfarrerehepaar zusammen und feiern ein bißchen. Die Gemeindeglieder aus Teneriffa kommen von Zeit nach Zeit nach Teneriffa und lassen sich die Schönheiten der Insel bei einer Exkursion zeigen.

Die fast kreisrunde Insel mit 25 Kilometern Durchmessern ist ein Eldorado für Bergsteiger und Naturfreunde. Wegen der nahezu 50 Schluchten winden sich die Straßen in Serpentinen von einem Ende zum andern, manchmal durch nebelverhangenen Lorbeerwald. Ein Großteil der Insel ist als Nationalpark zum Weltkulturerbe erklärt, und von den hier verbreiteten 2000 Pflanzenarten wachsen immerhin rund 700 nur hier, siond also endemisch. Wegen der schwierigen Bewirtschaftung der Terrassen verließen viele junge Menschen die Insel. Rund dreißig Dörfer sind verlassen und in einigen abgelegenen Siedlungen beträgt der Anteil der Senioren fast fünfzig Prozent. Manche älteren Bewohner berichten davon, wie sie in ihrer Jugend während der Nacht die Tomaten über zwanzig Kilometer zu Fuß oder mit Eseln zum Hafen bringen mußten.   

Erst seit sieben Jahren feiern die Deutschen auf La Gomera ihre regelmäßigen Gottesdienste. Zunächst waren sie Gäste in der katholischen Kirche, bis ihnen die nicht mehr benutzte Ermita auf der Anhöhe überlassen wurde. Im Anfang kamen sie nachmittags zusammen, doch wegen der ungünstigen Fährverbindung nachTeneriffa werden die Gottesdienste nun um elf Uhr morgens gehalten. Manchmal möchten Paare in der kleinen Einsiedelei getraut werden oder ihre Kinder hier taufen lassen. Das ist natürlich möglich. Zahlen sie nicht den Mitglieds- Jahresbeitrag von 60 Euro, wird für die Amtshandlung eine Gebühr von 150 Euro fällig.

Ilsemarie Straub-Klein

Info: Evangelische Gemeinde Teneriffa-Süd mit La Gomera und El Hierro, Email: ev-gemeinde.tfs@telefonica.net, in La Gomera Gottesdienste an jedem zweiten Samstag im Monat von Oktober bis Juni, Ansprechpartnerin dort erreichbar unter Telefon 0034-6092548494.

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